
BLW oder Brei? Was du über beide Methoden wissen solltest
Video ansehen
Dieses Video ist für registrierte Nutzer:innen des Kids Ernährungs Summit.
Registriert, aber Passwort nicht zur Hand? Noch nicht registriert? Jetzt kostenlos anmelden
Dieses Video ist Teil des Kids Ernährungs Summit. Da du zur Familie gehörst, kannst du das Video kostenlos ansehen.
Hallo und herzlich willkommen zum Pumpkin Organics Kids Ernährungs Summit – Beikostwelt Edition. Schön, dass ihr dabei seid und ich freue mich ganz besonders, jetzt jemanden ganz tollen begrüßen zu dürfen, die ihr vielleicht auch schon kennt und wenn nicht auf jeden Fall kennen solltet, denn aus sehr gutem Grund: Caro. Auch bekannt als @plantpowerpediatrician, PPP. Carolin ist Kinderärztin mit eigener Praxis hier in München, Ernährungsexpertin und eine der Stimmen, die uns in der Beikostwelt wirklich extrem hilft und uns wirklich anspricht. Nicht nur aufgrund deines fundierten Wissens, Caro, sondern auch, weil du – wie wir finden – eine wirklich ehrliche, alltagstaugliche Perspektive mitbringst. Nicht nur wie es sein sollte, sondern wie es in der Realität auch sein könnte. Und du warst schon bei unserem letzten Pumpkin Organics Kids Ernährungs Summit mit dabei und auf der Bühne, es war einfach mega mit dir. Wir haben so viel Spaß gehabt und wir hätten auch noch stundenlang weitersprechen können, deswegen freuen wir uns, dass du jetzt hier bist und mit uns über Beikost sprichst – mit dem Fokus auf Wissenschaft, Klarheit und Verständnis für den Familienalltag. Und ich würde sagen, erst mal Caro, schön, dass du wieder dabei bist. Willkommen.
Vielen Dank, Florian. Vielen Dank für die Einladung wieder. Ich fühle mich sehr geehrt. Und auch vielen Dank für die Vorschusslorbeeren. Freue ich mich sehr. Der Maßstab ist jetzt ganz hoch, nicht wahr, aber da springst du ganz leicht drüber. Das hoffen wir. Wir wollen heute mit dir vor allen Dingen über das Thema Brei, Baby-led Weaning sprechen und den wirklichen Start des festeren Essens. Und Beikost ist ja wirklich ein ganz großer Meilenstein. Meilenstein, nicht wahr? Irgendwie das erste Lachen, das erste Mal, dass man wiedererkannt wird von dem Kind und dann irgendwie: Essen geht los. Und wirklich ein ganz wichtiger Moment, auf den alle schon warten. Viel Aufregung, teilweise nervös, teilweise voller Vorfreude und auf jeden Fall auch mit einer ganzen Menge Druck dabei.
Vielleicht als kleinen Einstieg für wirklich die Leute, die jetzt zuschauen und noch nicht beim Thema Beikost sind: Erzähl mal, was ist so der Unterschied im Ansatz von der klassischen Breikost und Baby-led Weaning? Was sollten Eltern über die beiden Ansätze wissen? Wann entscheide ich mich, ob ich nach links oder rechts gehe? Und darf ich nachher auch noch mal Fährte wechseln? Oder muss ich mich jetzt für mindestens 18 Jahre festlegen?
Auf jeden Fall festlegen – nein. Okay, also grundsätzlich erstmal ist es ja so, dass die natürliche und optimale Ernährung eines Babys in den ersten Lebensmonaten, also ungefähr bis zum sechsten Lebensmonat, ausschließliche Milchnahrung ist. Und da eben optimalerweise Frauenmilch, also Muttermilch. Und wenn das nicht geht oder nicht gewünscht ist, dann gibt es ja Formula-Nahrung auf dem Markt und das ist sozusagen die ausschließliche Ernährung eines Babys in den ersten Lebensmonaten. Und dann zum Zeitpunkt etwa eben mit Beginn des zweiten Lebenshalbjahres, also ungefähr mit sechs Monaten, startet dann die Zeit der Beikosteinführung. Da ist eben schon mal als erstes wichtig zu sagen, sowie Kinder auch in allen anderen Bereichen ihrer Entwicklung sehr individuell und teilweise sehr unterschiedlich sind, so ist es natürlich auch mit dem Thema der Beikosteinführung so, dass natürlich nicht jedes Baby genau zum Zeitpunkt sechs Monate bereit ist für die Beikost.
Es ist wichtig zu sagen, weil es sehr viel Stress auslöst und leider teilweise auch so ein bisschen verstärkt wird durch die Kommunikation in manchen Kinderarztpraxen, weil es ja durch die deutschen Fachgesellschaften die Empfehlung gibt, die Beikosteinführung zwischen dem fünften und siebten Lebensmonat zu beginnen. Und „Beginn des fünften Lebensmonats“ heißt ja, dass ein Baby gerade mal vier Monate vollendet hat und gerade in den fünften Monat startet.
Und es gibt manchmal Kinderärzte, die da bei einem vier Monate alten Kind die Eltern schon sehr drängen und fragen: Und wie schaut es aus? Haben Sie angefangen? Und da ist wirklich ganz wichtig zu sagen: Also, es gibt vereinzelt Kinder, die in dem Alter wirklich schon bereit sind für die Beikost. Es ist aber – würde ich sagen – eher eine Randerscheinung, eine Ausnahme. Und dass man da auf keinen Fall sich irgendwie einen Stress macht, sondern wirklich sagt: Okay, das ist ein individueller Start, und es gibt Babys, die mit sechs Monaten bereit sind, manche mit sieben und manche sogar noch mit etwas späterem Alter bereit sind.
Und dann bedeutet Beikosteinführung primär erst mal, dass weiterhin die Milchnahrung ganz überwiegender Nährstofflieferant ist. Und zwar nicht nur im ersten Monat und auch nicht im zweiten Monat der Beikosteinführung, sondern mindestens im gesamten ersten Lebensjahr ist weiterhin Milchnahrung die Hauptnahrung – und dann individuell unterschiedlich. Es gibt auch Babys, die auch noch im zweiten Lebensjahr viel Milch trinken. Da muss man dann individuell so ein bisschen gucken: Ist es alles noch so im Rahmen? Aber grundsätzlich ist Milchnahrung weiterhin Bestandteil der Ernährung, mindestens im gesamten ersten Lebensjahr und dann eben gegebenenfalls auch noch länger.
In Deutschland haben wir – also es gibt ja für alles mögliche Ernährungsempfehlungen, eben natürlich auch für die Säuglings- und Kleinkindernährung. Und in Deutschland ist dafür lange Zeit das Forschungsdepartement für Kinderernährung zuständig gewesen – ist es auch noch. Das wird sich aber ändern in der nächsten Zeit. Und dieses FKE, abgekürzt, hat vor mehreren Jahrzehnten einen sogenannten Ernährungsplan für das erste Lebensjahr publiziert. Der, würde ich mal sagen, zumindest zum damaligen Zeitpunkt, so in den 60er, 70er Jahren, schon auch ein guter Ansatz war und eben auch ein Versuch war, Kinder unabhängig von der Ernährungsweise der eigenen Eltern – also ob die sich sehr gesund oder vielleicht auch eher nicht so gesund ernähren – einen Ernährungsplan an die Hand zu geben, wo das Kind mit den wichtigsten Nährstoffen zusätzlich zur Milchnahrung gut versorgt wird.
Der Plan wird auch teilweise als Breifahrplan bezeichnet. Deshalb, weil dieser Plan eben primär auf drei Breimahlzeiten basiert. Und dieser Plan sieht vor – und da gibt es eben den, den geben die Kinderärzte auch gerne raus – dass ein Baby mit sechs Monaten mit dem ersten Brei beginnt. Das ist so ein Gemüse-Kartoffel-Fleischbrei. Und dann ist da eben vorgesehen, dass dieser Brei schrittweise aufgebaut wird und dann nach einem Monat – zumindest nach diesem Plan – bei 200 Gramm angelangt ist. Nach einem Monat wird der zweite Brei eingeführt. Das ist der sogenannte Milch-Getreidebrei, der dann auch wieder einen weiteren Monat ergänzend zum Gemüse-Kartoffel-Fleischbrei gegeben wird. Dann sind wir schon bei 400 Gramm Brei. Und dann mit Beginn des neunten Lebensmonats dann der Getreide-Obstbrei, sodass dann ein Baby, was etwa 9 bis 10 Monate alt ist, gemäß diesem Plan 600 Gramm Brei am Tag bekommt.
Und das ist so die klassische Beikosteinführung, wie man sie zumindest in Deutschland seit mehreren Jahrzehnten empfiehlt. Und dann hat sich aber in den letzten Jahren zunehmend eben noch eine andere Form der Beikosteinführung – ja, ich würde fast schon sagen – schon etabliert bzw. wird von vielen Eltern auch präferiert und gewünscht. Und das ist dieses sogenannte Baby-led Weaning, wird teilweise als breifreie Beikost bezeichnet. Aber da kommen wir ja später noch mal drauf, warum ich diese Übersetzung nicht so für geeignet erachte. Aber grundsätzlich heißt erst mal Baby-led Weaning, dass es sich um eine babybestimmte Beikosteinführung handelt. Der Hintergrund ist der, dass im Prinzip viele noch so das Bild im Kopf haben bei diesem Breifahrplan: Da sitzen die Eltern mit dem Baby am Tisch, das Baby sitzt in seinem Hochstuhl, und dann wird so ein Löffel nach dem anderen in den Mund geschoben, und dann kommt das mit dem Flugzeug. Und jetzt einmal Mund auf – und dann wird es also reingeschoben. Und da sich zunehmend sozusagen dieser Gedanke etabliert hat, dass man gesagt hat: Aber irgendwie, das kann ja nicht sein, dass man da irgendwie einem Baby so ohne eigenes Zutun einfach das Essen reinführt, und wir möchten, dass das Kind selbstbestimmt isst. Und das wird eben häufig in Form von sogenanntem Fingerfood getan.
Also, dass anstatt breiförmigem Essen, stückige Kost von Anfang an gegeben wird. Also in Form von Obst oder gegartem Gemüse oder Eiern oder was auch immer oder Bratlingen. Da, wie gesagt, ist eben grundsätzlich der Gedanke, Fingerfood nach Bestimmung des Babys sozusagen zu geben, eben auch ergänzend zur Milchnahrung. Das ist erstmal so ganz grundsätzlich, was so die zwei unterschiedlichen Beikostformen sind bzw. die zwei Lager, die sich da gebildet haben.
Also erstmal vielen Dank, und wenn ich so bisschen an unsere Beikostreise zurückdenke, war natürlich unsere Frage auch: Wie klein darf das Fingerfood sein? Wie klein darf es sein? Also ich geb dem Kind nicht gleich den ganzen Apfel, sondern der Apfel wird ein bisschen kleiner gemacht, nicht wahr? Gib mal den Eltern einen Ratschlag: Wie klein sollte es sein? Worauf ist dabei zu achten? Also das ist schon mal so ein Punkt. Was das Baby-led Weaning angeht, haben wir zumindest zum aktuellen Zeitpunkt keine offiziellen Empfehlungen für die Einführung von den Fachgesellschaften. Also da würde man sich jetzt erfolglos durch sämtliche Websites der Fachgesellschaften suchen.
Wenn man das aber macht und jetzt sagt, ich möchte stückige Kost anbieten, dann ist es so ein bisschen – würde ich mal sagen – kontraintuitiv tatsächlich. Und zwar: Also man hat vielleicht so die Vorstellung, kleines Baby, dem muss ich natürlich kleines Essen geben, und umso größer das Kind wird, desto größer dürfen die Stücke sein. Es ist aber eigentlich genau andersherum. Und zwar schon allein deswegen: Die Babys, wenn die mit der Beikost starten, mit ungefähr sechs oder sieben Monaten, dann beherrschen die zu diesem Zeitpunkt den sogenannten Plantargriff. Also die können quasi – ich nehme mal jetzt einen Stift – die packen den Stift so mit der ganzen Hand, also dieser Plantargriff. Und jetzt kann man sich schon vorstellen, wenn ich jetzt einem Baby so ein kleines Stückchen Essen hinlege – was soll es dann mit der Hand machen? Das wird sehr frustrierend. Es patscht da auf das Essen drauf und kann das aber gar nicht aufnehmen.
Das heißt, was die Babys ganz am Anfang der Beikost bekommen, sind eher große Stücke an Essen. Also wenn wir jetzt zum Beispiel uns das ganz praktisch an einem Brokkolistück vorstellen, dann wäre das tatsächlich so ein ganzes Brokkolibäumchen und eben nicht so ein kleines Miniröschen, sondern ein ganzes Bäumchen, wo das Baby dann eben mit der ganzen Hand packen kann. Und umso älter die Kinder werden – also die Kinder können mit ungefähr neun bis zehn Monaten – beherrschen sie dann den sogenannten Pinzettengriff, also da, wo sie dann wirklich etwas so greifen können, und umso älter sie werden, desto kleiner dürfen dann die Stücke auch werden. Also das wäre sozusagen das Erste, dass man bei Beikoststart große Stücke gibt. Und was natürlich grundsätzlich wichtig ist, wenn man stückige Kost gibt bei Babys: Dass die Lebensmittel so ausgesucht werden sollten, dass sie eben nicht ein erhöhtes Aspirationsrisiko bergen. Also Aspiration bedeutet ja Verschlucken von Nahrungsmitteln, also dass die quasi nicht dahin gehen, wo sie hingehören, nämlich in die Speiseröhre, sondern in der Luftröhre landen. Und Lebensmittel mit einem erhöhten Aspirationsrisiko sind Lebensmittel, die klein und hart zum Beispiel sind, also so was wie ganze Nüsse. Die Erdnuss ist ganz klassisch. Warum? Weil die ganze kleine Erdnuss wunderbar in die Luftröhre reinpasst. Ich habe hier den Kugelschreiber, der Kugelschreiber ist sozusagen vom Durchmesser etwas breiter als der Durchmesser der Luftröhre eines Babys – also der ist sogar noch ein bisschen schmaler – und da kann man sich gut vorstellen, dass so eine Erdnuss da sehr gut reinpasst und da stecken bleiben kann.
Oder auch so was wie rohes Wurzelgemüse oder rohes hartes Obst ist auch nicht geeignet. Also du hast jetzt vorher diesen Apfel schon angesprochen, also ein kleines hartes Apfelstück ist nicht geeignet. Karotten, rohe Karottenstücke sind nicht geeignet, sondern da sollten dann eben die harten Gemüse- und Obstteile gegart angeboten werden.
Außerdem auch so prall elastische Lebensmittel, also so was wie zum Beispiel ganze Heidelbeeren, die ja Babys oder Kinder generell sehr gern mögen, sind auch nicht geeignet, weil die eben auch stecken bleiben können oder sich auch auf die Luftröhre drauflegen können. Die sollten zum Beispiel mit einer Gabel zerdrückt werden, bevor sie gegeben werden.
Das macht sehr viel Sinn. Und ich muss auch wieder aus meiner eigenen Erfahrung erzählen. Wir schauen ja alle Nachrichten, nicht wahr? Und wenn irgendein Kind halt irgendwo in Usbekistan erstickt ist, bekommst du es hier halt in der deutschen Presse auch so, und das beschäftigt dich wirklich im Kopf. Und es ist gut, dass du dich damit beschäftigst, aber besser als Sorgen haben ist wahrscheinlich, Lösungen zu finden. Und unser Kinderarzt hat uns damals so einen Erste-Hilfe-Kurs ans Herz gelegt, insbesondere mit dem – ich glaub, wie heißt der – Fliegergriff. Ich weiß nicht mehr wie er heißt, ich weiß noch wie er geht. Rätst du das deinen Patienten, deinen Eltern auch, dass sie das – vor allem bei Baby-led Weaning, wahrscheinlich auch generell – mitmachen können, für den Fall, dass wirklich es mal in die falsche Röhre kommt, dass sie sich zu helfen wissen?
Ja, also das würde ich auf jeden Fall empfehlen. Also nicht nur, was das Thema Beikosteinführung angeht, sondern generell. Also ein Erste-Hilfe-Kurs ist immer sinnvoll, weil wir sollten ja eigentlich auch – also auch jeder, der einen Führerschein hat, sollte ja eigentlich auch wissen, wie Erste Hilfe geht. Ich glaube, die wenigsten können und wissen das tatsächlich noch. Das muss man ja irgendwann mal machen, wenn man seinen Führerschein machen möchte. Aber eigentlich sollten wir alle wissen, wie Erste Hilfe funktioniert – und zwar sowohl am Erwachsenen als auch an Kindern. Und natürlich insbesondere Eltern sollten wissen, wie man Erste Hilfe am Kind durchführt. Und in einem Erste-Hilfe-Kurs geht es ja nicht nur um "Was mache ich bei einem Aspirationsereignis?", sondern generell bei verschiedensten Notfällen. Was tue ich da bei meinem Kind?
Und deswegen ist eben ein guter Zeitpunkt, es zu tun, vor Beikosteinführung – also baldmöglichst. Man kann es theoretisch auch schon während der Schwangerschaft machen. Und ja, würde ich auf jeden Fall empfehlen, und zwar unabhängig von der Beikosteinführung. Also man sollte sich auch mit Breikost nicht sozusagen sicher fühlen, insofern, dass man sagt, "Na, ich gebe ja Breikost, dann kann bei mir nichts passieren." Also erstens stimmt das nicht. Natürlich kann sich ein Kind theoretisch auch am Brei verschlucken. Zweitens: Irgendwann wird jedes Kind auch stückige Kost zu sich nehmen. Und drittens: Ich habe zwar jetzt gesagt, man sollte darauf achten, Lebensmittel mit einem erhöhten Aspirationsrisiko zu meiden. Aber grundsätzlich: Es gibt so oder so keine hundertprozentige Garantie, dass sich ein Kind nicht verschluckt – auch an Lebensmitteln, die per se als geeignet gelten.
Ohne jetzt da irgendwie Angst machen zu wollen, aber es gibt nie hundertprozentige Garantien im Leben – und das gilt natürlich auch für so was. Und insbesondere was Notfälle angeht – und das sehen wir immer wieder und das wissen wir immer wieder – ist die wichtigste Prophylaxe, sich darauf vorzubereiten, zu wissen, was passieren könnte. Das auch immer wieder zu rekapitulieren, immer wieder zu überlegen, möglichst auch nicht am lebenden Objekt, aber an einem Objekt zu üben – in dem Fall an einer Puppe zu üben –, um wirklich zu wissen: "Ich habe diese Handgriffe gemacht, ich weiß, was zu tun ist." Weil wenn es dann tatsächlich passiert – und ich habe immer wieder auch mal Eltern in der Beratung, die mir erzählen, dass so ein Ereignis bei ihnen tatsächlich eingetreten ist, ein Aspirationsereignis – und die dann aber gesagt haben: „Aber ich wusste Gott sei Dank, was zu tun ist“, und konnten dann adäquat reagieren und sind nicht in eine Schockstarre verfallen. Also deswegen, unabhängig von der Beikosteinführung oder welche Art der Beikosteinführung ich wähle, würde ich auf jeden Fall allen Eltern empfehlen, einen Kinder-Erste-Hilfe-Kurs zu machen.
Super, vielen Dank. Und natürlich auch eine spannende Frage: Was sagt denn die Wissenschaft zwischen Breikost und Baby-led Weaning? Gibt es da irgendwelche Studien, dass die einen nachher intelligenter, schöner, größer werden? Oder ist die Wissenschaft noch ambivalent? Oder hängt es vielleicht davon ab, was man dem Kind gibt und nicht unbedingt, wie man es ihm gibt?
Also es gibt tatsächlich – und da gibt es auch eine relativ aktuelle Publikation vom FKE –, die ganz klar schreiben, dass es eben keine auf Studien basierende wissenschaftliche Evidenz für den Breifahrplan gibt. Schlicht und ergreifend, weil es überhaupt nicht diese Anzahl an gut gemachten Studien gibt, die jetzt wirklich systematisch die Einführung von Beikost in Form von breiförmiger Beikost oder von Fingerfood untersucht haben. Also gibt es nicht. Das FKE beschreibt das so: Das ist so eine Mischung aus wissenschaftlicher Evidenz – also was wir wissen bezüglich des Nährstoffbedarfs von Kindern – und dann aber eben auch viel Erfahrung und Empirie, einfach, was sich sozusagen etabliert hat in den letzten Jahrzehnten. Nach dem Motto: „Wir machen das seit ein paar Jahrzehnten, es hat ja irgendwie funktioniert, also ist es auch okay.“ Aber so diesen wirklichen Vergleich in Form von Studien, da gibt es kaum etwas oder so gut wie gar nichts dazu bisher.
Was die Einführung von Baby-led Weaning, also Beikost in Form von Baby-led Weaning, angeht, gibt es zumindest eine Studie, die eine – ich sage mal – abgewandelte Form von dem ganz unvorbereiteten Baby-led Weaning untersucht hat. Das war diese BLISS-Studie, wo man die Eltern, bevor sie angefangen haben, Baby-led Weaning zu machen, gut instruiert hat und ihnen eben zum einen empfohlen hat, Nahrungsmittel mit erhöhtem Aspirationsrisiko zu meiden und auf energiedichte Nahrungsmittel zu setzen. Das heißt auf gut Deutsch: jetzt nicht einfach nur Obst und Gemüse zu geben, und zum anderen den starken Fokus auf eisenreiche Lebensmittel zu setzen. Und in der Studie hat man dann sich angeguckt: Was ist dann mit den Kindern, die eben diese Form der Baby-led Weaning-Beikosteinführung bekommen? Und in dieser Studie zumindest konnte gezeigt werden, dass es da kein erhöhtes Risiko für Aspirationsereignisse und auch für Eisenmangel gab im Vergleich zu Kindern, die breiförmige Beikost bekommen haben.
Aber wie gesagt, was so das grundsätzliche Outcome, auch das langfristige Outcome angeht, gibt es da quasi keine vergleichenden Studien bisher. Ja. Macht total Sinn. Wahrscheinlich geht es auch ein bisschen – auch da – über das Gefühl: Wo fühlen sich Eltern komfortabel damit, ob sie das eine oder andere wirklich wollen?
Genau.
Und ich würde auch vor allem sagen, also am Ende des Tages, auch – also zum Beispiel in den Beratungen, wenn ich jetzt eine Beratung, Beikostberatung in der Schwangerschaft mache, dann frage ich schon immer: Haben Sie so ein bisschen Vorstellung, in welche Richtung soll es denn gehen? Baby-led Weaning, Breikost? Und viele haben eben diese Präferenz für Baby-led Weaning oder auch eine Mischung aus beidem. Und dann besprechen wir das in der Hinsicht. Ich sage aber auch immer dazu, am Ende des Tages entscheidet es ja dann das Kind, und da gibt es Überraschungen in beide Seiten. Manchmal: die einen, die wirklich sagen, wir möchten uns so gut wie möglich an den Brei-Fahrplan halten, weil uns der einfach Sicherheit vermittelt – und das Kind verweigert halt dann einfach jegliche breiförmige Kost und dann sind sie quasi gezwungen, Fingerfood anzubieten. Bzw. das Kind ist einfach nur interessiert an dem, was auf dem Teller der Eltern ist, und der Brei wird links liegengelassen. Und auf der anderen Seite aber schon auch, kriege ich auch teilweise mit, dass ganz klar Baby-led Weaning gewünscht wird, in Form von Fingerfood eben die Beikost einzuführen. Und es funktioniert halt nicht, und das Kind ist, aus welchen Gründen auch immer, nicht interessiert an dem Fingerfood und kann sich total für breiförmige Kost entscheiden. Und da würde ich eben sehr stark dafür plädieren, dann da auch nicht allzu strikt und mit Scheuklappen da sein Ziel versuchen zu verfolgen, sondern sich dann wirklich auch am Baby zu orientieren, was es eben möchte.
Das macht total Sinn. Und wahrscheinlich gibt es auch so ein paar andere prinzipielle Fragen, die sich Eltern stellen, bevor sie anfangen und dich damit konfrontieren. Ich glaube, eine andere Frage kann noch sein: Möchte ich alles selbst machen oder was kaufe ich hinzu? Was ist sozusagen kommerzielle Babynahrung und was ist die eigene? Was rätst du Eltern dort?
Also grundsätzlich ist es schon schön, wenn man die zeitlichen und nervlichen Ressourcen hat, das Essen selber zuzubereiten. Einfach deshalb, weil die Geschmacksvielfalt viel größer ist. Also weil selbst, wenn wir jetzt schon relativ viele Gläschen im Supermarkt finden, wird natürlich die Geschmacksvielfalt trotzdem nie erreicht, die selbstgemachtes Essen bieten kann. Also das ist ganz klar. Und natürlich – also wie gesagt – zum einen generell die Geschmacksvielfalt, und natürlich habe ich auch den Vorteil, mit selbst hergestellter Beikost das Baby viel früher auch an den Geschmack der eigenen Familienernährung heranzuführen. Also wenn ich jetzt mehrere Monate lang nur Gläschenkost gebe und dann plötzlich mit elf oder zwölf Monaten sage: „So, und hier ist jetzt unser Curry, was wir hier eigentlich immer essen“, dann kann das für das Baby besonders herausfordernd sein, weil das plötzlich etwas ganz anderes isst. Und wenn ich selbst Essen herstelle, kann ich da halt von Anfang an mich darauf auch fokussieren, die Lebensmittel, die ich selber auch auf dem Teller habe, eben dem Baby anzubieten. Das kann generell einfach dieses Thema Kinderernährung leichter machen und die Geschmacksvielfalt, wie gesagt, erhöhen.
Auf der anderen Seite muss man aber auch sagen, es gibt halt bestimmte Konstellationen, wo es für eine Familie einfach schwierig ist, die Beikost selber herzustellen – zumindest auch immer herzustellen. Also auch wenn es dann häufig heißt: „Ja, aber ist doch alles ganz einfach und es geht doch ganz schnell.“ Das ist für jede Familie eben halt auch anders. Und wenn einfach die zeitlichen oder nervlichen Ressourcen nicht da sind, dann sollte man sich da auch nicht schlecht fühlen und sagen: „Oh Gott, jetzt nehme ich irgendwie was Minderwertiges“, sondern es ist okay, Gläschenkost zu geben. Die Gläschenkost ist nach den Empfehlungen der deutschen Fachgesellschaften aufgebaut, was die Inhaltsstoffe angeht.
Klar, es gibt Gläschen, die besser sind als andere, muss man sagen. Also gerade bei diesen Milch-Getreidebreien, da wird manchmal schon auch wirklich absolut Unnötiges zugefügt. Ja, also da sind teilweise schon zuckerhaltige Schokostücke und Kekse in Breien für zehn Monate alte Babys drin, was jetzt wirklich völlig unnötig ist. Aber jetzt gerade so diese Gläschen, all diese Gemüse-, Getreidegläschen usw., die sind in Ordnung. Die werden nährstoffschonend hergestellt, auf die kann man zurückgreifen. Ich würd halt immer empfehlen, wenn es möglich ist, die vielleicht so ein bisschen zumindest zu erweitern. Vielleicht ein paar Gewürze oder Kräuter, die man selber auch gerne verwendet, einfach in das Gläschen mit integrieren.
Oder – was jetzt zum Beispiel gerade, wenn man sein Baby eher pflanzlich ernährt – es gibt zwar mittlerweile auch eine ganze Reihe an hülsenfruchthaltigen Gläschen, aber die enthalten in der Regel recht wenig Hülsenfrüchte. Und da jetzt den Eisen- und den Proteingehalt zu erhöhen, könnte man zumindest sagen, auch das würde jetzt wirklich schnell gehen. Man nimmt sich einfach meinetwegen Kichererbsen oder Bohnen aus dem Glas und püriert die noch mit rein in so ein Gläschen. Also wie gesagt, beide Optionen sind in Ordnung, und wenn man die Zeit und die nervlichen Ressourcen hat, dann würde ich die selbsthergestellte Beikost präferieren.
Und noch ein Thema. Du hast ja vorhin schon gesagt: Am Ende des Tages, trotz der Wünsche der Eltern, macht das Kind am Ende das, was das Kind wahrscheinlich will. Und es geht nicht nur darum, was es isst, sondern auch wie viel es isst und wann es isst. Was ist da so die Leitlinie für Eltern? Wir wollen alle nicht, dass das Kind zu wenig isst, vielleicht auch nicht zu viel. Wann isst ein Kind zu wenig, wann isst es zu viel? Was sind so meine Parameter, auf die ich achten sollte? Wann kann ich entspannt sein und das Baby wirklich auf dem Führungsplatz alles entscheiden lassen und wann muss ich sagen: So, jetzt kommt aber mal wirklich das Flugzeug und die zwei Löffel, nimmst du einen für Papa und einen für Mama, wie man das auch kennt.
Ja, also grundsätzlich ist es so, dass Kinder, wo jetzt noch gar nicht interveniert wird, in aller Regel sehr genau wissen, wie viel sie Nahrung brauchen. Und was ja auch häufig vergessen wird: Milchnahrung ist ja auch Nahrung. Und umso mehr natürlich ein Kind gestillt wird oder Formula Nahrung bekommt, desto weniger hat es natürlich Appetit auf feste Nahrungsmittel. Also man darf das nicht vergessen: Milchnahrung ist auch Nahrung. Die Frage, wie viel ein Kind essen muss, ist insofern erst mal ganz schwer zu beantworten, weil die Mengen individuell sehr unterschiedlich aussehen können. Also grundsätzlich kann man davon ausgehen: Wie gesagt, bei hoher Menge an Milchnahrung wird die Menge an fester Nahrung eher sehr gering sein. Und andersherum, wenn ein Kind irgendwann halt so gut wie keine Milchnahrung mehr trinkt, dann wird es entsprechend mehr essen.
Was ist ein guter Parameter? An was sehe ich, dass mein Kind genug bekommt? Ein ganz wichtiger Parameter ist das, was bei den U-Untersuchungen überprüft wird, nämlich Gewicht und Länge, die dann in diesen Perzentilenkurven aufgetragen werden. Und ein Kind, das perzentilentreu wächst und gedeiht, also mehr oder weniger an seiner Perzentile – mal vielleicht mit kleineren Schwankungen – aber mehr oder weniger an seiner Perzentile entlang wächst und kontinuierlich an Gewicht zunimmt und kontinuierlich wächst, da kann man davon ausgehen, dass das Kind ausreichend Kalorien zu sich nimmt, also ausreichend isst. Wie gesagt, natürlich – wir sprechen jetzt von gesunden Kindern. Es gibt natürlich auch Kinder, die eben nicht gesund sind, die eine Erkrankung haben oder eine Fütterungsstörung haben etc., wo das dann eben nicht so aussieht. Aber im Großen und Ganzen bei einem gesunden Kind ist das eben der Parameter, woran ich sehen kann, ob ein Kind ausreichend erstmal Kalorien bekommt.
Die Frage ist ja dann – und das ist ja die Hauptsorge – dass dann eben viele Eltern sagen: Na ja, mein Kind trinkt aber eigentlich halt quasi nur Milch und isst in dem Sinne so gut wie nichts. Und da muss man dann halt gucken: Zu welchem Zeitpunkt berichten die Eltern von dieser Sorge? Wenn die mit einem Baby kommen, was acht oder neun Monate alt ist und die sagen: Na ja, der isst halt noch fast nix und der isst nicht so wie das in dem Breifahrplan mit dreimal 200 Gramm Brei vorgesehen ist, dann sage ich in aller Regel: Es ist alles in Ordnung, weil eben viele Babys mit acht oder neun Monaten noch nicht diese großen Mengen an fester Beikost essen. Wenn aber jetzt ein Kind mit eineinhalb Jahren noch fast nix isst und fast nur seinen Kalorienbedarf über Milchnahrung deckt, dann muss man sagen: Na ja, dann ist halt schon die Frage, warum tut es das denn? Hat es möglicherweise ein Problem beim Essen? Es gibt sensomotorische Herausforderungen, zum Beispiel also, dass einfach ein Kind wirklich ein Problem hat mit der festen Nahrung? Oder isst es am Ende des Tages wirklich einfach noch „zu viel Milch“ und das Kind hat schlicht und ergreifend keinen Appetit? Und das wäre dann etwas, wo man individuell gucken muss: Was könnte der individuelle Grund bei dem Kind sein, warum es noch so wenig isst?
Aber um vielleicht – das ist jetzt ein bisschen schwierig leider, ich zeige das sonst in meiner Sprechstunde immer ganz gern – ich versuche es aber jetzt trotzdem mal in die Kamera zu halten, weil ich es nämlich so spannend finde. Das war eine Studie, die auch vom FKE in Auftrag gegeben worden ist. Und da hat man untersucht, die – ich sag mal – normalen Essensmengen von Kindern zwischen sechs Monaten und sechs Jahren. In die Essensmengen sind natürlich so was wie Muttermilch und Formula-Nahrung mit eingeflossen, weil es wie gesagt ja auch Essen ist. Und man hat sich angeguckt, was denn da alles normal ist.
Also es waren normal entwickelte Kinder, und man hat sich angeschaut: Was ist die unterste Perzentile an normalen Essensmengen, und was ist die oberste Perzentile an normalen Essensmengen? Also wie gesagt, wir sprechen von gesunden Kindern, die weder Unter- noch Übergewicht hatten. Aber ich glaube, die Kurve rein zu zeigen ist ein bisschen zu schwierig. Aber ich möchte jetzt einfach ein Beispiel nennen und schaue jetzt einfach mal bei dieser Kurve bei Kindern, die eineinhalb Jahre alt waren: Die unterste normale Essensmenge lag bei ungefähr 580 Gramm insgesamt – wir sprechen hier von Milchnahrung plus fester Nahrung – und die oberste normale Essensmenge lag bei 1000 Gramm. Das heißt sozusagen, manche Kinder haben quasi das Doppelte gegessen in der gleichen Altersgruppe wie andere Kinder – und alles lag im normalen Bereich. Also man muss einfach wissen, dass – so wie bei Erwachsenen ja auch – die Essensmengen individuell stark schwanken können.
Ja, macht total Sinn. Und ich könnt dir wirklich auch stundenlang zuhören. Und ich würde mir wünschen, dass alle Eltern eine Kinderärztin wie dich zur Hand haben, wenn sie mit der Beikost starten – aber auch generell, insbesondere mit der Beikost starten wollen. Das ist ja auch mal ein wichtiger Punkt für uns, den wir irgendwie so ganz bizarr finden: Elternsein ist schon brutal schwierig, weil es so viele neue Eindrücke gibt. Man soll Experte auf so vielen Sachen sein. Die meisten kommen gerade so auch ohne Kinder schon gerade durch den Tag, alles ist an der Grenze von zu viel. Und nicht alle sind Ernährungsexperten für sich selbst, sondern Ernährungsexperten für ihr Kind sein – also das ist schon mal eine ganze Menge.
Deswegen glaube ich, zwei Fragen, die ich habe. Erst mal: Wie schaffst du es, Eltern das gute Gefühl mitzugeben, dass das schon okay ist und dass es gut ist, was sie machen – ohne dass sie wirklich der Experte sein müssen? Weil, gefühlt, also ich habe mir schon wieder drei Webseiten gerade gemerkt, auf die ich mal schauen will nachher. Das sind schon eine ganze Menge. Und wir haben auch bei uns selbst gemerkt: Bevor das erste Kind da war, hat man ein bisschen Zeit gehabt, man hat hier noch ein bisschen gelesen, da ein Buch gelesen. Und wenn dann die ersten Monate losgegangen sind und das Kind drei Tage am Stück nicht geschlafen hat, weil es auch gerade zahnt und durchgeschrien hat, dann hat man nur noch so begrenzt viel Kapazität, um jetzt noch ein Buch zu lesen – „Wie mache ich die Beikost richtig – schnell zusammengefasst in 450 Seiten?“
Wie schaffst du das, den Eltern den Spaß an der Beikost zu bewahren? Also auch unsere Erfahrung ist halt: Wenn die Eltern entspannt sind, ist das umso besser für das Kind, weil das Kind merkt ja schon, sind die Eltern entspannt – alles ist gut. Und Spaß haben mit dem Kind ist ja schon irgendwie eine tolle Sache. Weil wir geben uns ja ganz viel Mühe. Wir wollen das Kind ja unbedingt haben, nicht wahr? Und dann ist es da – und irgendwie soll man es auch genießen. Aber irgendwie kommt der Stress manchmal doch dazwischen. Was gibst du Eltern da an die Hand?
Ja, also ich glaube, es ist auch da wieder individuell sehr unterschiedlich, weil es natürlich die Frage ist: Wo kommen die Eltern überhaupt her? Also es gibt ja die einen Eltern, die einfach – sage ich mal – ja so ein bisschen sagen: Ich bin ein bisschen verunsichert, es schwirrt irgendwie alles Mögliche im Internet rum, und ich höre von allen Seiten irgendwie was anderes. Und wie sieht es denn jetzt eigentlich aus? Was ist evidenzbasiert? Und kannst du mir das so ein bisschen quasi – die Richtung noch mal so ein bisschen zeigen?
Und dann gibt es aber ja schon auch Familien, die von wo ganz anders herkommen, also wo eventuell bei den Eltern Essstörungen vorliegen oder vorlagen in der Vergangenheit, die vielleicht wirklich mit einem sehr hohen Stresspegel vielleicht auch zu mir kommen – und wo vielleicht auch wirklich schon so viel Stress im Raum ist, dass man da erst mal auf einer ganz anderen Ebene überhaupt beginnen muss.
Aber gehen wir jetzt mal aus von der Familie, die einfach so ein bisschen sagt: Ich brauche so ein bisschen einen Wegweiser und es schwirrt irgendwie alles über mich drüber. Also ich finde, wenn man sich auf das Thema Beikost vorbereitet und jetzt auch sagt: Wir essen klassisch mischköstlich, ich möchte einfach so ein bisschen einen Wegweiser haben – was sind so die wichtigsten Dinge, auf die ich achten sollte?
Dann finde ich dieses, ich habe das vorher schon mal erwähnt, dieses Netzwerk „Gesund ins Leben“, finde ich eine gute Anlaufstelle. Das ist eine Website, da wird man nicht erschlagen mit Informationen. Die wichtigsten Informationen werden einem zusammengefasst. Ja, was die Beikosteinführung angeht, da geht's noch viel um diesen Breifahrplan. Aber ich finde, das ist einfach mal so eine Seite, wo man sich die wichtigsten Informationen zusammensuchen kann, um sozusagen ein gutes Grundwissen sich anzueignen.
Mit der Frage: Wie kann man die Entspannung mit reinbringen in dieses Thema? Klar, das allererste Mal muss natürlich auch gegeben sein, dass es dem Kind gut geht. Also auch da wieder, wenn jetzt irgendwas eben nicht so läuft, wie man sich das vorstellt, wenn das Kind gesundheitliche Probleme hat, wenn es eine Gedeihstörung gibt usw., dann kann ich natürlich jetzt nicht direkt auf der Ebene anfangen mit „erst mal entspannen“, sondern muss man erst mal gucken, wo kommt man überhaupt her und was sind die Ursachen?
Aber jetzt bei einer Familie, die einfach sagt: Ich bin gestresst und ich möchte einfach wieder mehr Ruhe reinbringen – da würde ich wirklich auch, was die Beikosteinführung angeht, ganz klar sagen: Fokussiert euch bei der Beikosteinführung gerade ganz am Anfang wirklich darauf, Spaß zusammen am Tisch zu haben. Und nicht irgendwie jetzt anzufangen mit: „Ich hab da gehört, mein Kind braucht elf Milligramm Eisen und so und so viel Zink und so und so viel Kalzium.“ Und jetzt muss ich irgendwie ausrechnen, wie kriege ich jetzt welche Nährstoffe in mein Kind? Weil das am Anfang, gerade der Beikost, eigentlich noch ziemlich irrelevant ist, weil – wie gesagt – ja der überwiegende Anteil der Nährstoffe über die Milchnahrung reinkommt.
Am Anfang der Beikosteinführung geht es ganz überwiegend darum, einem Baby eine große Geschmacksvielfalt anzubieten, viele verschiedene Geschmäcker ausprobieren zu lassen und ihm zu zeigen: Essen ist was total Schönes und ist eine soziale Aktivität. Wir sitzen zusammen am Tisch und wir haben Spaß. Da ist viel Sauerei am Anfang am Start. Ja, da sind die Wände mit Spinat bemalt und solche Dinge – und das gehört alles dazu.
Und dass man sich wirklich darauf ganz stark fokussiert und nicht auf dieses Nährstoffthema, und nicht überlegt: „Oh Gott, wie kriege ich jetzt viel Eisen usw. rein?“ Natürlich sollte ich wissen, welche Lebensmittel generell angeboten werden sollten dem Baby. Aber viel mehr noch, und gerade am Anfang, sollte im Fokus stehen: viel Verschiedenes anzubieten und das mit wirklich Entspannung anzubieten und zu sagen: Die Milchnahrung ist meine primäre Nährstoffquelle und der Rest ist erst mal ganz viel Ausprobieren und zusammen Spaß haben. Und dann in den weiteren Monaten dann eben die Beikost weiter zu etablieren – und natürlich immer mit dem Fokus auf nährstoffreiche Lebensmittel. Aber die Basis ist erst mal: zusammen am Tisch Spaß zu haben.
Das kann ich, glaube ich, aus eigener Erfahrung auch nur unterstreichen. Ich meine, wir haben jetzt eine anekdotische Evidenz von zwei Kindern zu Hause. Wirkliche Gamechanger waren so ein paar Sachen. Also auch am Anfang, als die relativ klein waren, waren auch Opa und Oma häufiger da – wirklich mit der größeren Familie halt – mit fünf, sechs Leuten am Tisch sitzen und wirklich: Die Kinder essen gleichzeitig, nicht irgendwie mit dem Löffel schnell vorneweg und dann setzen wir uns entspannt hin. Sondern wirklich alle gleichzeitig – auch mit vernünftiger Musik dazu. Wir hören da schöne Musik dazu zum Essen.
Das war halt wirklich Teil der Gemeinschaft. Und vom Mindset her haben wir uns häufig überlegt, welches Tischszenario möchte ich mit meinem sechs Monate alten Kind haben und meinem 16-jährigen Kind, wenn ich nach vorne schaue. Weil am Anfang tippst du noch deine Nachricht. Ach, das Kind merkt das ja gar nicht. Ich tippe noch ein bisschen auf meinem Telefon herum. Wenn ich mir jetzt vorstelle in 16 Jahren, mein Kind tippt so, wenn ich mit ihm spreche und das ignoriert mich total, find ich das so doof, und das hat extrem geholfen, so ein paar Sachen einfach so zu machen, wie ich mir das halt in 16 Jahren auch wünschen würde und versuche das jetzt schon als Vorbild vorzuleben. Und das gleiche auch beim Essen, nicht wahr?
Wenn du sagst also als Familie, wenn man gut isst, ist es doch leichter fürs Kind. Wenn man als Eltern nur Kartoffelchips isst und das Kind bekommt jetzt den Gemüsebrei, sagt das Kind auch irgendwie: Papa, das passt jetzt nicht. Also die Vorbildfunktion hat extrem geholfen. Und das letzte war noch so einen wunderschönen Cartoon, den ich irgendwo gesehen habe von so einem kleinen Wurm, den du siehst, der guckt auf seine Eltern, sagt so: Papa, sei mir nicht böse, für mich ist auch alles neu.
Sehr gut. Also das hat uns extrem geholfen, diese Sachen einmal zu reframen, weil das Kind macht das ja auch alles zum ersten Mal. Woher soll es denn wissen, dass es jetzt den Mund aufmachen soll? Und als Eltern ist es ganz normal, dass man mal frustriert ist und genervt ist. Und auch da, was unser Kinderarzt erzählt hat: Also wenn du genervt bist von deinem Kind, dann ändere nicht das Kind, sondern hast ein paar andere Themen, um die du dich vielleicht erstmal kümmern sollst. Das Kind kann da nichts für. Das macht genau das, was es machen soll.
Genauso ist es. Kann ich, kann ich nur unterschreiben. Gut, also gut beschrieben auf jeden Fall. Caro, was sind noch so die ein, zwei Sachen, die du Eltern unbedingt mitgeben möchtest, die wir nicht besprochen haben? Irgendwelche Mythen, die denen helfen würden, wenn du die jetzt einmal zerstörst oder selbst oder ein, zwei Sachen, die sie einfach mitnehmen sollten aus unserem Gespräch heute?
Also im Prinzip eigentlich gerade noch mal anschließend an das, was wir jetzt zuletzt besprochen haben. Zum einen den Punkt, den du gerade auch noch mal angesprochen hast, was das Thema Essen angeht: Die Eltern sind die Vorbilder und Kinder lernen durch Nachahmung. Das heißt, genauso wie du es beschrieben hast, das was ich bei meinem Kind haben möchte, das sollte ich so eben auch vorleben beim Essen. Und dieses Freude haben am Essen, Spaß am Essen, vielfältig essen – wenn ich das vorlebe, habe ich eine große Chance, dass mein Kind es zumindest irgendwann auch so tun wird.
Und generell dieses Thema: Umso mehr wir über Ernährung wissen – und die Ernährungswissenschaften sind auch noch ein ziemlich neues Fach, sozusagen neues Gebiet – umso mehr wir wissen, das ist auf der einen Seite schön, dass wir immer mehr dazulernen, was Ernährung angeht und immer mehr ja auch in Anführungszeichen optimieren können. Aber in diesem ganzen, ich würde es jetzt fast schon als Optimierungswahn teilweise bezeichnen, was wir generell im Gesundheits- und Ernährungsumfeld sehen, sollten wir eben auch nicht vergessen, dass eben Essen was Soziales ist, was Spaß macht.
Und natürlich ist es gut und wichtig, sich mit gesunder Ernährung auseinanderzusetzen und auch eine überwiegend vollwertige Ernährung anzustreben. Aber da eben nicht in Extreme reinrutschen und das insbesondere bei Kindern nicht zu tun, sondern da wirklich auch zu sagen: Ernährung ist ein soziales Ding, was Spaß macht – und das wirklich als Fokus setzen.
Und dieses Thema mit Nährstoffen: Wie gesagt, bei einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung decke ich einen Großteil meines Nährstoffbedarfs ohnehin über die Ernährung. Und dann kann man natürlich individuell schauen, je nach Ernährungsform, ob man da – oder sollte man schauen – je nach Ernährungsform, ob noch was zusätzlich zu tun ist. Aber da auch erstmal zu sagen: Eine schöne, abwechslungsreiche, vollwertige Ernährung ist super.
So, und was möchte ich noch mit auf den Weg geben? Vielleicht noch mal, was wir ganz zu Beginn besprochen hatten mit diesem Thema Beikosteinführung nach Breifahrplan oder Baby-led Weaning. In der Realität erlebe ich, dass viele Familien eine Mischung aus beiden Formen machen. Mischung im Sinne von: sie geben sowohl Fingerfood als auch breiförmiges Essen.
Ich hatte auch schon mal gesagt, also grundsätzlich Baby-led Weaning heißt vom Baby geführtes Essen. Breiförmiges Essen ist keine Kontraindikation sozusagen für Baby-led Weaning, denn ich kann auch ein Baby sehr selbstbestimmt breiförmiges Essen essen lassen. Zum einen kann auch ein Baby mit dem Löffel Essen aufnehmen und selber essen. Und auch ein Kind, was – indem ich den Löffel anreiche, also nur hinhalte – selbst seinen Mund aufmacht und sich zu dem Löffel hinneigt, ist auch selbstbestimmtes Essen.
Also ich kann auch mit dem Löffel füttern und kann das trotzdem als ein selbstbestimmtes Essen sehen. Und dass man sich auch da nicht zu sehr von allen möglichen nervt. Deswegen hatte ich am Anfang noch gesagt, ich habe das Gefühl, es gibt wirklich diese zwei Lager, dass man sich da auch nicht so wahnsinnig machen lässt und da so das Gefühl hat, ich bin jetzt eine schlechte Mama, ein schlechter Papa, weil ich breiförmiges Essen gebe oder andersrum. Sondern dass man da wirklich sagt, ich lass mich von dem leiten, was mein Baby möchte, was sich für uns als Familie gut anfühlt, was zu uns passt.
Und in der Regel, wie gesagt, ist es häufig dann auch tatsächlich so eine Mischform, und sich dann nicht so sehr irgendwie in irgendwelche Schablonen quasi pressen zu lassen. Das wären mal so zwei Dinge, die mir dazu einfallen würden.
Super, finde ich auch beide sehr super, und Schablonen finde ich auch doof. Generell für Babys und auch für Erwachsene. Von daher vielen Dank. Caro, hat riesigen Spaß gemacht. Ich hoffe, euch Eltern hat es ein bisschen geholfen. Genau. Und in diesem Sinne: Vielen, vielen Dank für deine Zeit und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder.
Das würde mich auch sehr freuen. Vielen Dank für diesen klaren.
Ciao.
Ciao.
Noch mehr vom Kids Ernährungs Summit
Beikostwelt
Haftungsausschluss
Der Zweck dieses Artikels besteht lediglich darin, zu informieren und zu inspirieren, nicht aber, medizinische oder ernährungswissenschaftliche Ratschläge zu erteilen. Für den Fall, dass du Bedenken oder Fragen hast, empfiehlt Pumpkin Organics, eine:n medizinische:n Ansprechpartner:in aufzusuchen und sich beraten zu lassen.