Etiketten lesen: So entlarvst du versteckte Zuckerfallen - Pumpkin Organics

Etiketten lesen: So entlarvst du versteckte Zuckerfallen

Beikostprodukte gibt es viele, doch was genau darin steckt ist oft schwer zu verstehen.

Bioanalytikerin Ann-Kathrin Ortmann von @annisbuntewelt erklärt in ihrem Q&A mit Florian Schnau beim Kids Ernährungs Summit, wie Eltern Etiketten richtig lesen, Zutatenlisten interpretieren und versteckten Zucker erkennen.

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Hallo zusammen und herzlich willkommen zurück zum Pumpkin Organics Kids Ernährungs Summit – Beikostwelt Edition. Jetzt sprechen wir über das Thema, das auf den ersten Blick total einfach erscheint: Etiketten bei Kinderprodukten. Das ist sozusagen auch mein tägliches Leben und nicht nur, dass ich aus meinem täglichen Leben spreche als Vater und Unternehmer, sondern ich habe eine echte Expertin dabei. Das ist Anni, @annisbuntewelt. Hallo Anni, sehr schön, dass du auch bei diesem Thema mit uns dabei bist. Wer Anni noch nicht kennt: Anni ist Bioanalytikerin und eine echte Expertin, wenn es um Inhaltsstoffe und Produktsicherheit, insbesondere für Kinder, geht. Und Anni wird uns helfen, ein bisschen Zutatenlisten zu entschlüsseln, lesen zu lernen und nicht auf alle einfachen Tricks reinzufallen, die da so drauf sein können.

Genau. Und da steigen wir direkt ein und versuchen das Ganze auch wieder so zu gestalten, dass wir die Fragen, die wir auch in den letzten Ernährungs Summits bekommen haben, gleich mit aufnehmen. Weil es gibt einfach so viele Mythen hier in dieser Welt und manchmal ist es ganz hilfreich – und manchmal ist es sehr schmerzhaft – sich einzugestehen: Was ich geglaubt habe, war gar nicht wahr. Die Erde ist nicht flach, aber manchmal ist es hilfreich, auch diesen Schritt zu gehen. Fangen wir an, Anni.

Es gibt auch welche, die denken, die Erde ist konkav. Sorry für das Unterbrechen.

Das ist für Fortgeschrittene, dann nachher. Das machen wir nachher.

Also sprechen wir über Etiketten. Etiketten. Klingt ja total einfach, nicht wahr? Weil die sollen ja einfach transparent sein und sollen einfach Eltern helfen. Und ich glaube, ich habe mir als dein Mantra mitgenommen: Je kürzer die Zutatenliste, desto besser. Ich glaube, da steckt noch ein bisschen mehr hinter dieser Aussage, oder was meinst du damit?

Also so pauschal kann man es nicht sagen. Es ist immer ein guter Leitfaden, aber es können auch drei Zutaten sein, wovon eine ziemlicher Mist ist. Also Fruchtzucker, Salz und Öl wäre nicht so geil. Aber ja, in der Regel ist es schon so, dass je länger die Zutatenliste ist und je mehr Wörter drin sind, die man vielleicht auch nicht hier versteht – E-Nummern und sowas – wobei auch nicht alle Zusatzstoffe bedenklich sind … Ja, man kann es nicht so pauschal sagen, man muss es immer einzeln sehen leider.

Ich, also, wir machen ja auch ein bisschen Produktentwicklung bei uns. Und ich versuche immer nur Zutaten zu nehmen, die ich auch bei mir zu Hause in der Küche im Regal habe. Und Sachen, die ich nicht im Regal habe, würde ich nicht nehmen. Und bei mir steht einfach nichts, was ich nicht aussprechen kann, im Regal. Ich habe auch nichts mit Abkürzungen drauf. Ist das hilfreich aus deiner Sicht? Ist das ein guter Leitfaden? Sachen, die man nicht kennt oder nicht Zuhause hat?

Man kann auch mal Sachen nutzen, die man nicht kennt. Zum Beispiel: Wer hat Reismehl zuhause oder wer hat Hirsemehl zuhause?

Haben wir.

Ja, ihr habt das da.

Okay.

Die anderen, okay. So viele Haushalte, glaube ich nicht, dass sie sowas zuhause haben im üblichen.

Ein besonderes Thema, das uns immer am Herzen liegt, ist halt das Thema Zucker. Und Zucker hat ja inzwischen so viele verschiedene Namen und auch ganz viele Marketing-Claims mit „alternativ gesüßt“ oder „Süße nur aus Früchten“, „ohne Zuckerzusatz“. Hast du da irgendwelche Richtlinien? Wie sollten Eltern damit umgehen? Worauf sollten sie achten? Und ist Zucker gleich Zucker? Ich habe eine sehr dedizierte Meinung dazu, aber erzähl du einmal.

Es gibt ganz viele Zucker. Es gibt den typischen Haushaltszucker, Fruchtzucker. Es gibt jegliches, was man sich vorstellen kann. Muss man alles in der Chemiestunde sich leider durchkämpfen. Nein, also grundsätzlich ist wichtig, dass man es nicht verteufelt, denke ich. Es ist wichtig – sobald man irgendein Lebensmittel verteufelt, finde ich nicht so super. Das sagen auch viele Expert:innen, dass man das so nicht leben sollte. Es ist halt wichtig, dass man weiß, wie viel Zucker gut sind. Dass man Produkte, die halt wirklich viel Zucker haben, als Süßigkeiten deklariert. Und auch Kindern sagt: „Guck mal, das ist eine Süßigkeit.“ Das kann auch ein Obstriegel sein, der plötzlich 15 Gramm Zucker hat oder ein Quetschie. Wir haben welche gefunden mit 20 Gramm Zucker. Das ist kein Obst mehr, das ist eine Süßigkeit. Und Obst ist halt ganz anders. Obst hat auch Fruchtzucker, aber man muss es halt unterscheiden. Es ist anders gebunden. Wenn ich so ein Apfel hab, das sind intakte Pflanzenzellen und in den Pflanzenzellen ist diese Fruktose drin. Wenn ich jetzt zum Beispiel Apfelsaft draus mache, das ist so der nächste Schritt, dann breche ich diese Zellwände auf und Zucker ist viel leichter rauszubekommen. Das heißt, wenn wir Apfelsaft trinken, kommen wir auch viel schneller an den Zucker ran, was viel schneller zu einem Anstieg führt.

Wenn wir das noch weiter spielen: Konzentrat. Wenn man das dann noch erhitzt oder unter Vakuum erhitzt, hat man natürlich am Ende nur noch den reinen Fruchtzucker drin. Nicht mehr viel Ballaststoffe – also Zellwände sind Ballaststoffe, die der Körper braucht. Die sind natürlich in so einem Sirup, mit dem dann gesüßt wird, das hat dann nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Apfel zu tun. Also vom Apfel zum Saft: Ich nehme halt die Ballaststoffe, die Zellwände raus und nehme den Saft, mach den warm. Nimm halt das Wasser raus. Dann habe ich halt Konzentrat. Und was ist dann der nächste Schritt? Ich glaube natürliche Aromen ist der nächste Schritt. Ich kann noch irgendwie das weiter kondensieren. Das sind zusammengemischte Chemikalien im Labor, die dem Apfelgeschmack ähnlich kommen, also das hat tatsächlich nichts mehr vom Apfel. Aber natürliche Aromen – also das „natürlich“ muss ja irgendwas, klingt so, als ob da irgendwas Natürliches dabei wäre. Alles ist natürlich, wenn du so willst, es ist alles in unserer Umwelt. So Claims sind echt immer gefährlich.

Ja, okay. Lass noch einmal zurück zum Zucker kommen. Wir haben ja auch mit Nibras @handfussmund, Kinderarzt, auch über das Thema schon mal gesprochen. Ich glaube, da warst du sogar auch mit dabei, wo er auch gesagt hat: Also eigentlich ist die Unterscheidung zwischen freiem Zucker und … Ja, genau. Ja, genau. Nicht freiem Zucker vielleicht noch hilfreicher, weil den meisten Köpfen der Menschen das irgendwie sagt: Boah, ist ja nur Fruchtzucker und Fruchtzucker hat so eine positive Konnotation. Und wahrscheinlich der Fruchtzucker, der wirklich wie du sagst, im Apfel, in der Banane ist, der ist okay oder okayish, weil er halt eine Zellstruktur drumherum hat. Und die freie Fruktose ist im Körper genauso schlecht wie die Glukose, oder?

Genau, da geht es halt auch um die Verfügbarkeit. Wie schnell nimmt unser Körper das auf? Und wie viel? Also, wenn ich so ein Glas Apfelsaft – das sind ja viel mehr Äpfel. Wenn ich mal so einen Apfel esse mit all den Ballaststoffen, ich kaue mit den ganzen Fasern – das ist für den Körper einfach anders, wie wenn ich das in einem Glas plötzlich fünf Äpfel auf einmal runterzische, ohne die Ballaststoffe, nur mit dem freien Zucker.

Ja, macht Sinn. Und beim Zucker gibt es eine ganze Menge, auch bei den Süßungen, nicht wahr? Es gibt ja also den wirklichen Industriezucker, was halt in Baby- und Kindernahrung wirklich kaum … Es gibt zwar Sachen, da steht Kinder drauf, ist aber nicht wirklich für Kinder gedacht, da ist halt echter Zucker drin. Dann gibt es halt Sachen, die sind mit Honig oder Agavensirup, Agavendicksaft gesüßt. Was hältst du von solchen Sachen?

Man muss halt am Ende wieder auf die Nährstofftabelle gucken. Wie viel Zucker ist dann drin? Also es bringt mir nichts, wenn ich da kiloweise Agavendicksaft reinhaue, aber da bin ich zu wenig Ernährungswissenschaftlerin. Das muss ich dazu sagen. Ich guck wirklich auf die Zuckergehalte. Und wenn das natürlich wieder über 10, über 15 Gramm Zucker drin hat, ist es am Ende vom Tag auch nicht besser. Ich kriege wahrscheinlich einen riesen Ansturm von den ganzen Ernährungsexpert:innen da draußen. Ja, vom Zuckergehalt ist es vergleichbar. Genau, also in der Nährwerttabelle einmal zu schauen, was ist tatsächlich Zuckergehalt. Solange keine Zuckeraustauschstoffe da drin sind – was in Babynahrung verboten ist in Europa – ist der Zuckergehalt ein ganz guter Indikator. Und ich glaube, als Benchmark: Coca Cola hat 10,6 an freiem Zucker. Und Nibras sagt immer irgendwie, die Banane hat glaube ich 14 g, aber das hat die ganze Banane – das muss man unterscheiden. Freier Zucker: Cola 10,6. Als Benchmark – findet man gut oder nicht. Schwer zu vergleichen. Was ich aber … genau, diese Claims habt ihr ja auch: „Ohne Zuckerzusatz“ drauf. Das bedeutet aber nicht, dass es völlig frei ist von Zucker. Also, es lohnt sich wirklich, einen Blick hinten drauf zu werfen. Gerade bei den Quetschies, die dann Früchte mit Kirsche oder so – die haben halt schon von Natur aus einen sehr sehr hohen Zuckergehalt. Und wenn dann halt ein Quetschie mit 20 Gramm Zucker kommt, das ist schon viel. Was so ein Kind eigentlich an Tagesbedarf haben sollte.

Ja. Total, total bei dir. Und dann auf Kinderprodukten gibt es noch eine ganze Menge andere Claims, die man häufig sieht, nicht wahr? Das geht halt … Bio, Demeter, glutenfrei. Was sehen wir noch häufig? Vegan – klingt ja alles irgendwie positiv, nicht wahr? Alles positiv konnotierte Begriffe. Hast du dazu eine Meinung? Fangen wir erstmal mit Bio, Demeter an – das ist ja so der erste Bucket. Sollte alles Bio oder Demeter sein? Und zwischen den beiden, siehst du – nicht von der Ideologie her – sondern vom tatsächlichen Produkt einen großen Unterschied?

Es muss nicht sein – gleich spoilern vorweg: Nein, es muss nicht bio sein. Machen wir es so. Ich mach immer so gern ein Beispiel. Die Tomaten im Winter, bio angebaut in Spanien, sind jetzt nicht das Tolle. Für Bio muss mehr Wasser aufgewandt werden, weil Bio heißt weniger Pestizide. Die haben dadurch weniger Ertrag, müssen mehr Wasser. Es ist tatsächlich von der Umweltbilanz katastrophal, wenn man dort Bio kauft. Was anderes: Wenn wir jetzt saisonal denken – jetzt kommen so langsam die Tomaten, also wir sprechen dann von Juli – ist natürlich dann Bio besser, wenn es hier aus der Gegend kommt. Dann bevorzuge ich die Bio-Tomaten anstatt den konventionell angebauten. Wobei es auch viele Bauern und Bäuerinnen gibt, die konventionell anbauen, aber auch super. Also es muss nicht immer bio sein. Man sollte immer auch regional und saisonal mit im Hinterkopf haben. Das zum einen. Nährstofftechnisch tut sich da nicht viel. Also so eine Bio-Tomate oder eine Nicht-Bio-Tomate – haben sie auch untersucht – gibt sich nicht viel.

Das Einzige, was gesundheitlich sein könnte, ist, dass es bei Bio und Demeter einfach Richtlinien gibt, was Pestizide angeht. Die dürfen viele Pestizide nicht einsetzen. Was aber nicht zwingend heißt, dass da keine Pestizide dran sind. Gibt es leider auch trotzdem, dass man immer mal wieder Pestizide findet. Und für die, die vielleicht auch das Geld nicht haben, Bio einzukaufen: Erstens, die Bio-Sachen von Discountern – Aldi, Lidl – sind auch super. Muss jetzt nicht irgendwas von Rewe oder Edeka sein. Da liegt am Ende wahrscheinlich das Gleiche. Und wenn man das Geld nicht hat für Bio, kauft – ist es wichtig: kauft Gemüse, kauft Obst, wascht es einfach vorher ab, reibt es ab, und dann ist das völlig in Ordnung. Bitte habt da kein schlechtes Gewissen.

Du sagst gerade abwaschen. Wäscht du mit Wasser ab? Mit Natron? Mit Essig? Was machst du mit deinem Obst und Gemüse?

Die weichen Sachen versuche ich mit Wasser so gut es geht. Feste Sachen kann man auch mal in Natron einlegen. Also mal kurz einen Salat oder kurz Erdbeeren kurz in Natron einlegen. Himbeeren – schwierig. Trauben sind wichtig, die sind meistens sehr belastet, was Pestizide angeht.

Ja, Hauptsache ein bisschen abwaschen und abrubbeln. Also praktisch: Du machst deine Spüle, machst den Abfluss zu, tust Wasser rein, tust dein hartes Obst, Gemüse rein – und Natron. Und wie lange lässt du es dann vor sich hin säubern?

Kommt auch auf das Material an, was drin ist. Deine Erdbeeren werden nicht so lang in diesem … sie können schon lange, aber die schmecken halt danach nicht mehr. Und alles andere – Trauben können da länger rein, Äpfel können da länger rein. Also was? Fünf Minuten? Zehn Minuten? Zehn, fünfzehn Minuten sprechen wir da.

Okay. Dann noch eine Frage: Bio gegen Demeter – siehst du auf deiner Ebene, also für Planetary Health – und über die Ideologie kann man sich ja lange drüber unterhalten – wir sprechen jetzt nur wirklich das Produkt. Die Bio-Erdbeere, die vor dir liegt und du die eine oder die andere isst.

Ja, die Ideologie wäre glaube ich noch mal ein anderes Thema. Da könnten wir glaube ich da auch schon … Demeter ist halt noch mal ein Stück weit noch mal strenger, was das angeht. Was Pestizide angeht, ja. Einsatz von irgendwelchen Chemikalien und sowas – da sind die strenger als Bio.

Okay, dann vielleicht noch aus Produzentensicht: Es gibt auch noch eine Diätverordnung, die Kontaminanten regelt für Kinder unter einem oder unter sechs Jahren, sehr sehr streng in der ganzen EU. Von daher: Da wäre es fast egal, ob es Bio oder Demeter ist, weil die Kontaminantenregel so extrem streng ist. Und auch die Rohstoffe, die wir – wir und alle unsere Wettbewerber in Deutschland, in der EU – einkaufen dürfen, verarbeiten dürfen, sind halt so eine hohe Qualität. Nicht nur Bio, sondern das ist Baby-Bio, wo die Kontaminanten wirklich so extrem gering sind. Und auf Messen – da habe ich häufig die Frage: Kann ich es nicht selbst machen? Und ja, kannst du alles selbst machen. Aber das fühlt sich mit Sicherheit auch gut an, und das fühlt sich ja auch frischer an und schmeckt vielleicht auch anders. Aber von Kontaminanten wirst du nie so saubere Rohstoffe bekommen wie wir Professionellen das machen. Weil halt wirklich jede Charge wird darauf getestet, nicht wahr, auf alle Kontaminanten, und da werden wirklich Tausende, Zehntausende von Euro ausgegeben, um sicherzustellen: Da sind keine Kontaminanten dran. Die ganze Supply Chain ist halt auch so aufgebaut, dass wenn du für einen Baby-Hersteller Tomaten anbaust – doofes Beispiel, Äpfel anbaust – die sind halt extra sauber, die gehen halt dorthin. Und die gehen nicht auf den Wochenmarkt normalerweise hinterher. Also auch das zur Beruhigung: Wenn ihr es halt in der Industrie oder im LEH (Lebensmitteleinzelhandel), im Drogeriemarkt kauft, in der Babyaisle, und da steht irgendwie drauf „ab zwölf Monate“, da ist ein sehr hoher Vertrauensvorschuss gerechtfertigt, was die Kontaminanten angeht. Über Geschmack und Zucker kann man sich unterhalten, aber die Kontaminanten, da haben auch wirklich die Großen, so wie Hipp, in den letzten 15 Jahren echt einen super Job gemacht, um uns da hinzuführen, dass wir wirklich so saubere Produkte in Europa haben. Es gibt ja auch, auch da gibt es für Salz und Zucker Grenzwerte, was ja für Babys zum Beispiel auch vollkommen verboten ist. Ich glaube, Salz darf man auch gar nicht reinmachen. Aber das ist genau so.

Ihr müsst kein schlechtes Gewissen haben, wenn ihr Babygläschen verfüttert. Es ist kein Problem – jeder braucht es mal, ab und zu einfach mal ein Gläschen zu haben. Es kann sogar sein – möchte ich nicht verteufeln – aber wenn man hier sein selbstgebautes Obst und Gemüse draußen anbaut, in dieser Erde, die man gekauft hat, in dieser Pflanze, die man gekauft hat, kann es sein, dass da viel bedenklichere Inhaltsstoffe drin sind als in diesen gekauften Gläschen. Was ich jetzt nicht verteufeln will – wenn man selber kocht, ist das vielleicht auch super, wenn man das Gefühl braucht, dass man selber gekocht hat. Aber es ist auch nichts Schlimmes dabei, sich auch mal ein Gläschen zu kaufen, weil wir diesen Luxus haben, dass wir hier in der EU leben und die so hohe Standards haben an Babyprodukten. Ja, da können wir dankbar sein, dass wir hier leben.

Absolut. Und ich kann auch sagen, aus Herstellersicht: Die Anforderungen an uns und unsere Produktionspartner sind so unglaublich hoch. Und das ist halt super für die Konsumenten. Das ist für uns halt wirklich anstrengend, weil wir wirklich uns dazu gezwungen werden, uns super, super viel Mühe zu geben – was total richtig ist – aber das wäre in den USA oder in Asien sehr viel leichter, solche Sachen ins Regal zu stellen. Okay, sprechen wir nochmal über Etiketten. Du weißt ja selbst, du stehst irgendwie vor dem Regal, wenn wir über Baby- und Kindernahrung sprechen, du hast da irgendwie sechs Meter Babynahrung vor dir. Alles ist schön farbig, ansprechend gemacht, mit lustigen Augen, die dich anschauen, und die Schrift ist hinten so mini mini klein.

Wonach suchst du aus, wenn du nicht nur nach Lieblingsfarbe deines Kindes aussuchen möchtest? Oder: Da ist jetzt ein Einhorn drauf, das nehme ich jetzt. Was sind so die Sachen für die Leute, die nicht viel Zeit haben, aber wenigstens ein bisschen draufschauen möchten?

Einmal umdrehen ist wichtig. Dann die Zutatenliste anschauen. In der Regel ist das, was viel drin ist, auch vorne. Also steht als Erstes. Wenn da natürlich gleich Glukose kommt, an zweiter Stelle, dann ist es natürlich wahrscheinlich voll mit Zucker. Und dann nach der Liste gucken. Ganz hinten stehen dann meistens die E-Nummern, die Farbstoffe. Am besten so wenig wie möglich davon oder auch mal sich eine Liste angucken im Internet: Welche Farbstoffe sind da drin? Brauche ich die überhaupt? Welche Aromen sind drin? Leider ist manchmal auch nur „Aroma“ da, und man weiß gar nicht, was für Aromen eingesetzt wurden. Die Stoffe mal angucken – kann man alles gut recherchieren im Internet. Und dann halt die Nährstoffliste angucken: Wie viele Kalorien sind drin, wie viel Salz ist drin? Viel wichtiger eigentlich als Zucker, weil tatsächlich ist das Salz tödlicher als Zucker. Weiß man. Also Folgen von hohem Salzkonsum sind viel gravierender als die Folgen von hohem Zuckerkonsum. Ja, Ballaststoffe anschauen, Proteine angucken. Also Proteine und Ballaststoffe dürfen ruhig hoch sein, Zucker und Salz lieber niedrig. Genau. Kommt drauf an, was man halt für ein Produkt vor sich hat. Es gibt natürlich auch Sachen, die haben jetzt keine Proteine oder keine Ballaststoffe. Wenn sie es nicht haben, sind sie nicht automatisch schlecht. Aber.

Sehr gut. Verstanden. Wenn wir irgendwie im Ausland unterwegs sind, dann auch noch in Frankreich oder Schweiz, und da auch mit Eltern über unsere Produkte sprechen, die nehmen alle sofort ihr Mobiltelefon raus, halten es drauf und sagen: „Ach, das ist ja gar nicht so schlecht“ oder „Das ist ja…“. Ich glaube, in Frankreich haben sehr viele Leute die Yuka-App genommen, und ich war total beeindruckt davon. Aber hier, wenn ich in meinem Freundeskreis mich mit Leuten unterhalte, auch ein bisschen google, das scheint hier nicht so angenommen zu werden. Hast du da einen Eindruck? Erst mal: Sind die an sich hilfreich? Und falls sie hilfreich sind – warum werden die in einigen Ländern besser angenommen als in anderen? Warum es in anderen Ländern besser angenommen wird, weiß ich nicht. Ich wohne direkt an der Grenze. Ich sehe ganz oft die Franzosen, Französinnen hier bei uns im Drogeriemarkt, wie sie da durchscannen. Da helfe ich dann immer mal ab und zu. Gebe ihnen dann ein Produkt in die Hand, wo ich weiß: Okay, wenn sie es scannen, wird es wahrscheinlich gut aussehen. Da sind sie auch immer sehr, sehr dankbar, dass sie da nicht 100 Sonnenschutzmittel irgendwie abscannen müssen und ich ihnen direkt eins in die Hand gebe. Ja, es ist ein – ich sag immer – es ist ein gutes Hilfsmittel. So mal um ein Gefühl zu kriegen. Ich scanne das ab – okay. Aber, jetzt kommt das große Aber: Die Daten, die da hinterlegt werden.

Also ich könnte hingehen: Wenn ich jetzt euch schaden möchte, dann nehme ich so einen Quetschie von euch, scanne das Bild ein, und dann schreibe ich völlig wirre Angaben hinten drauf. Ich tippe euch ein: Das hat 20 Gramm Zucker. Ich tippe euch ein, das hat zwei Gramm Salz, ich tippe euch ein, das und das, und dann ist das gespeichert in dieser App und jeder, der danach dieses einscannt, kriegt dann plötzlich völlig rote Ergebnisse, obwohl es nicht stimmt.

Also wichtig ist: Es ist ein gutes Hilfsmittel, aber immer gucken, dass was in der App steht, stimmt das auch mit den Inhaltsstoffen, was auf dem Produkt steht. Und gibt es da nicht eine Funktion? Wie verified by the “Inverkehrbringer”? Also der “Inverkehrbringer” ist halt die Firma, die das Produkt dafür mit seinem Namen steht. Da bin ich zu wenig drin, also ich habe die Apps nicht mehr aus dem Grund. Ich weiß nicht, wie sie es heute handhaben. Aber CodeCheck und so – wir hatten es schon ganz oft, dass wirklich falsche Inhaltsstoffe bei... Da habe ich dann: “Anni, du hast das und das empfohlen, aber guck mal, die CodeCheck App macht das total rot.” Und dann gucke ich und denk mir, das sind völlig andere Inhaltsstoffe, die gar nichts mit dem Produkt zu tun haben. Also viele scannen das einfach blind und vertrauen dann blind. Und das ist halt das Fatale dran. Wenn man weiß, wie man damit umgeht, ist es ein gutes Hilfsmittel.

Okay. Verstanden.

So, jetzt haben wir eine wilde Reise durch Zutaten und Label gemacht. Ich sage auch absichtlich "wild", weil das ist einfach ein schwieriges Thema. Wir haben mal irgendwann von einem Drogeriepartner die Frage bekommen: "Kannst du mir mal auf so einer A0-Seite einmal sozusagen das Labellesen für Dummies runterschreiben – für Babynahrung?" Da sprechen wir so ein bisschen über Zutaten: Was könnte so drin sein? Was sind Zutaten, wo du sagst, die sind super, die sind nicht so super, und die sind so okayish? Und bei Nährwert: Was ist denn das? Was steckt denn dahinter, und was sind so gute Ranges? Und vielleicht noch so zwei, drei Sachen, die irgendwie bei den Claims wichtig sind.

Haben wir mit viel Liebe hier gemacht. Waren ganz stolz da drauf. Ich habe es einmal zu unserer Anwältin geschickt, "sag mal, kannst du auch noch mal draufschauen?" Sagt sie: "Ja, Florian, ich finde es super, weil ich habe ein Jahr lang Arbeit damit, weil ich dich vor Gericht vertreten muss." Und das finde ich – es war so frustrierend – da war wirklich nichts Böses dran. Das war wirklich so eine Hilfestellung: Halt innerhalb von zwei Minuten kannst du Leuten sagen, so kannst du Label lesen. Aber ich finde, in der Rechtsprechung ist es halt so: Du kannst halt fünf Worte sagen oder zehn Seiten sagen, und dazwischen ist es halt so schwierig, weil es die ganzen Fußnoten mit extra Ausnahmen gibt. Das ist halt wirklich auch wild, weil es total schwierig eigentlich ist, die gerade Linie sozusagen zu finden. Was sind die Sachen, auf die ich jetzt wirklich achten will? Und was sind die Sachen, die kann ich mir zwar anschauen, aber das ist nicht so wichtig und da werde ich eh nur aufs Glatteis geführt.

Genau. Also es sind kurze Punkte: Die E-Nummern gucken – einfach mal eingeben. Sind sie gut oder schlecht? Ob Farbstoffe drin sind, die gut oder schlecht sind. Den Zuckergehalt angucken, den Salzgehalt angucken. Und dann so Sachen wie: Alkohol hat zum Beispiel nichts in der Kindernahrung zu suchen – was aber zum Beispiel in Milchbrötchen oder diesen... Kennst du diese Fertigcroissants? Oder Knack-und-Back-Croissants? Die haben halt Alkohol drin als Konservierungsmittel, und die werden aber auch Kindern gegeben. Das sollte halt einfach nicht gegeben werden. Solche Sachen.

Super. Okay.

Anni, hat wie immer Spaß gemacht. Und wir können auch noch mal gleich die dreistündige Edition von unserem Talk machen, wo wir nochmal ein bisschen tiefer eingehen können. Vielleicht gebt ihr uns nachher Feedback, wenn ihr es gesehen habt, ob ihr die dreistündige Edition haben wollt – die große Hafenrundfahrt – dann nehmen wir das vielleicht noch mal auf.

Ansonsten würde ich sagen: Vielen Dank! Also mir hat es wie immer Spaß gemacht, und ich hoffe auch, dass es dir Spaß macht, euch da draußen ein bisschen Hilfestellung gibt.

Also ich glaube, vielleicht nochmal deine drei “So Whats” – was teile ich morgen früh beim Morgenlauf oder in der Straßenbahn?

Also: Erstens – nicht von irgendwelchen Claims und Sprüchen, was auf den Verpackungen steht, locken lassen, sich beirren lassen. "Ich bin gesund", "ich bin frei von dem", "bin frei von ..." – Nein. Davon muss man sich wirklich lösen – von diesen Claims und vom Aussehen. Zweitens – genau. Wenn viel Apfel drauf ist, viel Birne drauf ist, viel Gemüse, heißt es nicht im Umkehrschluss, dass es ein gesundes Produkt ist. Ich weiß, da gibt es Richtlinien, aber es gibt auch immer wieder viele Fälle, die beim Verbraucherschutz landen, weil eben suggeriert wird, dass es gesund ist – und es einfach halt nicht ist. Oder halt Kinderprodukte “ab Kinder” irgendwie deklariert werden, aber es eigentlich nicht wirklich ein tolles Kinderprodukt ist.

Ja, so.

Reicht das? Reicht dir das?

Mir reicht das.

Also, wenn ihr noch Fragen hinterher habt, schreibt sie gerne in den Chat. Kommt auf uns zurück und wir beantworten gerne, weil das ist auch für uns – oder auch für mich – ein riesiges Thema. Denn selbst wenn du dir wirklich Mühe gibst, Sachen richtig, richtig gut zu machen – teilweise ist es halt mühsam zu sehen, dass es halt andere gibt, die etwas freier mit Claims umgehen. Und am Ende des Tages wissen wir einfach, wie schwierig das ist für Eltern, nicht wahr? Du bist verantwortlich für so einen kleinen Menschen auf einmal. Das Leben an sich für jeden ist schon heutzutage gefühlt sehr schwierig. Dann bist du noch verantwortlich für einen kleinen Menschen und musst nebenbei noch Expert:in werden für Sicherheit in der Küche, im Wohnzimmer. Du wirst Ernährungsexpert:in, du wirst Expert:in im Labellesen – und der Tag hat nur 24 Stunden und der Kopf hat auch nur so viel Kapazität.

Von daher: Ich glaube, deswegen verstehen wir uns auch so gut, weil wir einfach versuchen wollen, das für Eltern einfach ein bisschen leichter zu machen. Den Mental Load runterzubekommen, auf das wirklich Wesentliche zu fokussieren, die ganz schlimmen Sachen nicht mehr zu machen und ein paar mehr von den guten Sachen zu machen – so, dass du auch noch Spaß dabei haben kannst an dieser geilen, geilen Zeit mit deinem kleinen Kind.

Da hast du Recht, ja. Hast du schön gesagt.

Danke.

Also in diesem Sinne: Wir haben noch zwei andere Talks mit Anni – falls ihr die noch nicht gesehen habt, schaut sie euch unbedingt an. Ich bin zwar auch mit dabei, aber Anni ist wie immer super dabei und vielen Dank.

Tschüss. Ciao.

Haftungsausschluss

Der Zweck dieses Artikels besteht lediglich darin, zu informieren und zu inspirieren, nicht aber, medizinische oder ernährungswissenschaftliche Ratschläge zu erteilen. Für den Fall, dass du Bedenken oder Fragen hast, empfiehlt Pumpkin Organics, eine:n medizinische:n Ansprechpartner:in aufzusuchen und sich beraten zu lassen.